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Spontane Gärten

Spontane Gärten – Gärten, die ohne menschliches Zutun entstehen – ist ein Konzept, welches das Potenzial hat, die Art und Weise, wie wir gärtnern, zu verändern.

Die meisten Gärtnernden wenden ziemlich viel Energie auf, um die „spontane Vegetation“ zu bekämpfen. Solange dies nicht in einem Wald oder auf einer Wiese geschieht, ist eine spontan auftretende Vegetation in menschlichen Landschaften meistens nicht willkommen. Da wird gehackt und gejätet, bis der Rücken schmerzt. Alles entfernt, was nicht den Wünschen und Vorstellungen entspricht. Ein richtiger Kampf und Krampf ist das.

Partiell mag das sinnvoll sein. Wenn beispielsweise eine bestimmte Art sehr dominant ist. Oder Arten lückige Stellen benötigen, um sich zu verbreiten. Aber wenn man die Bereitschaft hat, sich von ganz bestimmten Gartenbildern zu verabschieden, können interessante Dinge geschehen. Man wird quasi ein Verbündeter der Natur. Lässt sie walten, so weit es geht. Akzeptiert die sich natürlich entwickelnden Pflanzengemeinschaften und Pflanzenbilder, auch wenn sie vielleicht nicht allzu bunt und von tausendfacher Vielfalt sind.

Gepflanzt wurde hier ca. 1/3 der Pflanzen, u.a. Blut-Storchschnabel (Geranium sanguineum var. stratium), Enzianblättriger Ehrenpreis (Veronica gentianoides) und Gelbe Taglilie (Hemerocallis lilioasphodelus). Der Rest hat sich von alleine angesiedelt.

Pflanzen wählen ihren Standort

Wenn man den kulturellen Ballast wegnimmt und die Pflanzen rein von ihrer ökologischen Funktion her betrachtet, entsteht ein neues Bild. Vor allem in den Städten senkt spontan auftretende Vegetation die Temperaturen, verhindert Erosion, bietet Nahrung und Lebensraum für Wildtiere, baut Boden auf und führt oft Phytoremediation (Überbegriff für den Einsatz von speziell geeigneten Pflanzen zur Reinigung der Umwelt und zur Abwendung der Gefährdung durch toxische Substanzen) durch.

Darüber hinaus ist der Akt der Schaffung und Pflege eines spontanen Gartens ein völlig nachhaltiger Prozess. Er erfordert keine Bodenvorbereitung, erlaubt den Pflanzen, ihren Standort selbst zu wählen, benötigt keine Inputs und ist lächerlich pflegeleicht. Wenn man zudem akzeptiert, dass sich die Vegetation laufend verändert und allenfalls nicht gar so vielfältig ist, können sich harmonische Kombinationen ergeben.

Zwei Arten, die sich beispielsweise leicht versamen und ansiedeln, sind links im Bild der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) und rechts im Bild die Gewöhnliche Akelei (Aquilegium vulgare).

Unsere Kontrolle abgeben

In meinem Garten wende ich mehr und mehr die Strategie der „spontanen Gärten“ an. Dabei spielt vor allem meine Erkenntnis mit, dass meine Bemühungen um das Pflanzendesign darauf abzielen, das gewisse Etwas an Natürlichkeit zu erreichen. Keine Imitation der Natur, wohlgemerkt, sondern eine Interpretation der Natur. Pflanzpläne so zu gestalten, dass sie natürlich aussehen, ist schwierig. Man muss nachdenken und recherchieren, sorgfältig interessante Bilder schaffen, Gräser mit Kräutern und Gehölzen ausbalancieren, Textur und Kontrast schaffen und dann die Blütezeiten durchdenken. Und um ganz ehrlich zu sein, das Endergebnis scheitert so oft, wie es gelingt.

Es ist mehr als eine Überlegung wert, vor allem im urbanen Raum, der spontanen Vegetation mehr Raum zu geben. Warum nicht mal einen „Freiheitsrasen“ schaffen? Oder ein spontanes grünes Dach? Oder ein paar Samenbomben werfen und sehen, was passiert. Warum nicht vermehrt die Kontrolle abgeben und beobachten, was in Zukunft aufblühen kann?

Bildquellen alle Bilder: © Isabelle Blum

Isabelle Blum

Ausgebildete Umweltnaturwissenschaftlerin ETH und autodidaktische Gärtnerin mit einer grossen Liebe zur Natur, ihrer Vielfalt und Eigensinnigkeit

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