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Ehr und Preis sei dem Ehrenpreis

Kaum eine andere Gattung weist ein vergleichbares Potenzial für die Verwendung im Garten auf, wie die Ehrenpreise (Veronica).

Von aquatischen Bedingungen über schwere Lehmböden bis hin zu durchlässigen Magerbereichen, beinahe jeder Lebensbereich kann mit ihnen bereichert werden. Darüber hinaus ist das Vorkommen und Gedeihen der meisten Arten nicht streng an spezifische Bodenbedingungen gebunden. So findet man z.B. den Bach-Ehrenpreis (Veronica beccabunga) in Fliessgewässern und ebenso auf frischen Böden in Gewässer- und Waldnähe. Eine ähnliche Art in puncto vielseitiger Verwendung ist der Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys). Diese Art wächst sowohl an sonnigen und mässig trockenen sowie eher mageren Standorten, als auch unter nährstoffreichen, frisch – feuchten und halbschattigen Bedingungen. Diese Eigenschaften machen Ehrenpreise zu genügsamen Kultur- und Wildpflanzen!

Eine von vielen spannenden Gattungen innerhalb der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae), welche man genauer unter die Lupe nehmen sollte.

Vielfältige Wuchseigenschaften und Lebenszyklen

Wenn man an Ehrenpreise denkt, kommen einem als allererstes diverse Blautöne in den Sinn. Das Farbspektrum reicht allerdings von Weiss über Weissbläulich bis hin zu Dunkelblau, hinzukommend unterschiedlichste Nuancen innerhalb der genannten Farbgebungen. Nebst blau- und weissblühenden Arten sind es ein paar wenige purpurne und rosarote Wildarten und Kulturformen die aus der Reihe tanzen. Zu den „rotblühenden“ Kultivaren und Wildarten zählen z.B. Ähriger Ehrenpreis (Veronica spicata ‚Rotfuchs‘), Niederliegender Ehrenpreis (Veronica prostrata ‚Lilac Time‘), Langblättriger Ehrenpreis (Veronica longifolia ‚Charming Pink‘), Rötlicher Wasser-Ehrenpreis (Veronica catenata), Filziger Ehrenpreis (Veronica surculosa) und Halbstrauchiger Ehrenpreis (Veronica fruticulosa). Eine grosse Ausnahme stellt das Gelbe Mänderle, welches jedoch aktuell mit dem Blauen Mänderle zur namensgebenden Gattung Paederota (Mänderle) gestellt wird.

Der Kaukasische Ehrenpreis (Veronica caucasica) eignet sich als äusserst robuste Gartenpflanze. © Klaus Oetjen
Blasslila kommt der heimische Berg-Ehrenpreis (Veronica montana) daher. Am naturnahen Gehölzrand fühlt er sich wohl. © Sebastian Wagener
Der Enzian-Ehrenpreis (Veronica gentianoides) mag es eher feucht. © Sebastian Wagener

Habitus und Lebensformen

Naturnahe Gärten beherbergen oft eine Vielzahl an Ehrenpreisen. Offener Boden entstanden durch Störung und Erosion, fördert besonders das Aufkommen der einjährigen Arten. Diese zarten Gestalten besiedeln Beete, Wiesen, Randbereiche zwischen Weg und Kulturfläche, sowie den Gehölzsaum. Aufgrund ihrer filigranen Figur, dem kriechenden oder niederliegenden Wuchs, verschmelzen sie mit dem Standort und lassen anderen Arten Raum und Luft .

Der Feld-Ehrenpreis (Veronica arvensis) ist ein echter Winzling. Daher besiedelt er gerne Kleinstlebensräume welche konkurrenzarm sind. Bildquelle: Wilhelm Zimmerling PARCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Bereits Ende Januar zeigt der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) seine sympathischen Äuglein und lockt die ersten hungrigen Insekten. Bildquelle: SalicynaCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Um die einjährigen Ehrenpreise zu fördern, bedarf es einer weniger gründlichen Gartenpflege, denn wie schon erwähnt, besiedeln sie gerne offene Böden (Ruderalstellen). Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) eignet sich z.B. auch hervorragend in Gemüsebeeten als schutzspendender Bodendecker während den Wintermonaten. Ihre Ankunft geschieht von ganz alleine!

Spezialisten für Fugen und Steingärten

Gerade ihre Wuchsform macht viele mehrjährige Vertreter dieser Gattung zu prädestinierten „Lückenfüllern“ und Bodendeckern.

Arten, wie der Anatolien-Ehrenpreis (Veronica liwanensis), Kriechender Ehrenpreis (Veronica repens) und Quendel-Ehrenpreis (Veronica serpyllifolia), können zur Begrünung von Fugen, Ritzen und kleinsten Hohlräumen zwischen Gehwegen, auf Plätzen und Treppen verwendet werden. Aufgrund ihrer sehr geringen Wuchshöhe, welche zwischen 3 und 20 cm liegt, dem dichten Blattwerk und den kurzen kriechenden Trieben, halten diese Arten Trittbelastung aus, ohne erwähnenswerten Schaden zu nehmen. Sie sind zudem sehr empfehlenswert für trockene und stark besonnte Lebensbereiche.

Veronica liwanensis ergiesst sich in die Fugen. Von Patrick Standish, Lizenz: CC BY

Wer Ehrenpreise für die Bepflanzung einer Trockenmauer in Erwägung zieht, oder sie sich fürs eigene Alpinum wünscht, dem steht eine grosse Artenvielfalt zur Verfügung.

Dafür geeignet wären unter anderem der Felsen-Ehrenpreis (Veronica fruticans), Blattloser Ehrenpreis (Veronica aphylla) und der Rasige Ehrenpreis (Veronica caespitosa). Auch sie sind von niedriger und kriechender Natur und bilden somit schöne Polster.

Stimmig geht’s zu und her im Alpinum Schatzalp. Der Felsen-Ehrenpreis (Veronica fruticans) fügt sich perfekt in die Szenerie ein. © Klaus Oetjen
Veronica caespitosa erobert gerne steiniges Gelände. © Klaus Oetjen
Ehrenpreise für Beet und Wiese

Bei lebendigen Staudenbepflanzungen dürfen Ehrenpreise auf keinen Fall fehlen. Auch in naturnahen Wiesen und Saumgesellschaften, sind einige Arten eine ökologische sowie optische Bereicherung.

Bezüglich der Artenwahl für ein sonniges Staudenbeet, kommt man kaum am Grossen Ehrenpreis (Veronica teucrium) vorbei. Mit seinem aufrechten Wuchs, der üppigen Blüte und enormen Vitalität, ist er eine zuverlässige Gartenpflanze. Als halbhohe (20-50 cm) Begleitstaude, kommt die Art besonders im Vordergrund von Solitärstauden und hinter Bodendeckern gut zur Geltung.

Die Sorte ‚Knallblau‘ ist ein Knaller. © Klaus Oetjen
Auch die Wildform kann sich sehen lassen. © Sebastian Wagener

Unter ähnlichen Bedingungen gedeiht der Ährige Ehrenpreis (Veronica spicata). Im Gegensatz zum Grossen ist der Ährige wesentlich standhafter und die Sortenvielfalt weitaus breiter. Allerdings erreicht er höchstens eine Wuchshöhe von 35 cm. Durchlässiger Boden und ein sonniger Standort sind unabdingbar, damit die Art gedeiht.

Eine kostbare Auslese von Veronica spicata, in Besitz von Klaus Oetjen. © Klaus Oetjen

Wenn es eine auffallende Blattfarbe sein soll, dann empfiehlt sich der Griff zum Silberblatt-Ehrenpreis (Veronica spicata subsp. incana). Die Sorte ‚Silberteppich‘ zaubert durch die silbernen Blätter und den kerzenartigen Blütenständen mit dunkelblauen Blüten einen einzigartigen Kontrast ins Beet.

Nicht nur das Laub ist silbrig! Ein einzigartiger Kontrast. Veronica spicata subsp. incana, von 阿橋 HQ, Lizenz: CC BY
Wilde Gesellen

Für naturnahe Wiesen- oder Saumgesellschaften, welche von schattiger bis sonnenexponierter Lage reichen, benötigt es wilde Gesellen, die auch mit Konkurrenzdruck der Gräserwelt, Gehölzen und anderen dominanten Wildpflanzen zurecht kommen.

Bereits anfangs März trifft man vielerorts den Faden-Ehrenpreis (Veronica filiformis) an. Auf nährstoffreichen, lehmigen und frischen Weiden und Wiesen, am sonnigen bis halbschattigen Standort, entwickeln sich im zeitigen Frühling lockere Blütenwolken. Ursprünglich kam die Art aus dem Kaukasus, jedoch hat sie sich blendend in die heimische Flora integriert. Der Faden-Ehrenpreis meidet kalkige Böden und vermehrt sich grösstenteils vegetativ. Diese Vermehrung erfolgt nicht über Ausläufer, sondern abgeschnittene Pflanzenteile. Man geht davon aus, dass das Mähen für die Verbreitung verantwortlich ist. Dieser Neophyt ist eine wahre Bereicherung für die einheimische Flora!

Ähnliche Ansprüche zeigt der bereits erwähnte Gamander-Ehrenpreis (Veronica chamaedrys). Im Vergleich zum Faden-Ehrenpreis ist die Art allerdings bedeutend wüchsiger, konkurrenzfähiger und treibt unterirdische Ausläufer. Allerdings bildet sie nur am sonnigen Standort Blüten aus und bleibt im Schatten steril. Von April bis Ende Juli sind die tiefblauen Blüten zu sehen.

Der Faden-Ehrenpreis (Veronica filiformis) wuselt sich durch die Gräserwelt. Bildquelle: ХомелкаCC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
In einem unverkennbaren Blau, blüht der Gamander-Ehrenpreis. © Sebastian Wagener
Am Gehölzrand

Wurzeldruck mit daraus resultierender Trockenheit und Nährstoffarmut, Schatten oder ein feuchtkühles Mikroklima gilt es am Gehölzrand oder Fuss von Baum und Strauch zu meistern.

Im Halbschatten auf saurem und mässig trockenen Boden, wächst der Echte Ehrenpreis (Veronica officinalis). Die Art gilt seit jeher als Heilpflanze und wird bei Beschwerden der Atemwege, Rheuma, Gicht sowie Verdauungsbeschwerden eingesetzt. In der Gartenkultur gehört sie leider noch zu den Unbekannten. Welch ein Unrecht!

Selbst im Nadelstreu fühlt sich der Echte Ehrenpreis wohl. Mit einer Wuchshöhe von höchstens 20 cm, den niederliegenden und kriechenden Trieben, bildet er lockere Teppiche. Die zierlichen Blütenstände erscheinen von Juli bis September. Bildquelle: Rob Routledge, Sault College, Bugwood.orgCC BY 3.0, via Wikimedia Commons

Mit seinem aufrechten und lockeren Wuchs passt der Nesselblättrige Ehrenpreis (Veronica urticifolia) ausgezeichnet in naturalistische Beete mit Waldcharakter. Besonders schön kommt die Art in Kombination mit Farnen, Seggen (Carex), Wald-Witwenblume (Knautia dipsacifolia), Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum), Grosser Sterndolde (Astrantia major ‚Florence‘) und Kaukasusvergissmeinnicht (Brunnera macrophylla) zur Geltung. Buschigere und standhafte Pflanzpartner sind dringend nötig, so dass der Nesselblättrige Ehrenpreis nicht zum unansehnlichen Bodendecker mutiert.

Ein kühles Mikroklima, frische Bodenbedingungen und eine halbschattig Lage sind für den Nesselblättrigen Ehrenpreis (Veronica urticifolia) ideal. Bildquelle: Krzysztof Ziarnek, KenraizCC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Im und am Wasser

Manche Ehrenpreise mögen sogar nasse Füsse. Dazu gehören der Bach-Ehrenpreis (Veronica beccabunga), Blauer Wasser-Ehrenpreis (Veronica anagallis-aquatica), Rötlicher Wasser-Ehrenpreis (Veronica catenata) und der Schild-Ehrenpreis (Veronica scutellata). Sie stehen gerne im Uferbereich von Gewässern, im Sumpf, auf wechselnassen Flächen, aber auch bis zu einer gewissen Tiefe im Wasser. Abgesehen vom Bach-Ehrenpreis bevorzugen alle Arten einen sonnigen Standort und wachsen aufrecht.

Tierische Nutzniesser

Wie fast alle Blütenpflanzen sind auch die Ehrenpreise auf Fremdbestäubung angewiesen. Aufgrund dessen bieten sie Nektar und Pollen für diverse Hautflügler, darunter Bienen, Hummeln und Wespen-Arten. Ebenso profitieren Zweiflügler wie z.B. Schwebfliegen und diverse Falterarten vom Angebot. Obendrein dienen Blätter und Stängel einigen Falterarten als Raupenfutter. Angesichts dessen sind Ehrenpreise von hohem ökologischen Wert für die Fauna.

Wildbienen, Wespen und Co.
Die Raupen des Ehrenpreis-Scheckenfalters (Melitaea aurelia) ernähren sich gerne von Ehrenpreis-Arten. Bildquelle: Entomologie/Botanik, ETH Zürich / Fotograf: Albert Krebs 
Der Grosse Ehrenpreis (Veronica teucrium) wird vom Goldzünsler (Pyrausta aurata) besucht. Süsslicher Nektar lockt! Bildquelle:
Entomologie/Botanik, ETH Zürich / Fotograf: Albert Krebs

Nach dieser kleinen Reise durch die Welt der Ehrenpreise besteht bei mir die Hoffnung, dass die gewonnene Inspiration Euch dazu verleitet, diesen Geschöpfen im Garten oder auf dem Balkon ein Plätzchen zu gewähren.

Es handelt sich um wahre Alleskönner!

Sebastian Wagener

Gärtner, Pflanzplaner & Berater, Naturmensch, Enfant terrible, Autor

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